Venedig, Neapel, Gastfamilienwechsel und was sonst noch so passiert ist



Hallo ihr Lieben,

da ich mich schon seit über zwei Monaten nicht mehr gemeldet habe und doch recht viel passiert ist, möchte ich euch mit diesem Eintrag etwas auf den neuen Stand bringen.

Die meiste Zeit habe ich wahrscheinlich in der Schule verbracht - habe dem Unterricht mehr und mehr gefolgt, mich weniger gelangweilt, weil ich jetzt eigentlich alles (bis auf spezielle Fachbegriffe) verstehe und mich dadurch auch beteiligen kann. Ich habe meinen ersten Italienischtest geschrieben und wurde von meiner Lehrerin gelobt; habe auch Arbeiten in Mathe, Physik, Englisch, Französisch und Spanisch geschrieben und bin ab und zu in den Deutschunterricht gegangen um zu schauen, wie das so gemacht wird.

Am Anfang des Jahres herschte in meinem Kopf ein riesiges Sprachenchaos: Mein Italienisch wurde immer besser, aber dafür mein Französisch und Spanisch schlechter. Beim Sprechen habe ich dauernd Italienische Wörter eingefügt, war aber überzeugt, eine andere Sprache zu sprechen... und beim Schreiben hatte ich große Probleme, Vokabeln in der richtigen Sprache (und nicht in Italienisch) zu finden.
Mittlerweile fange ich an, neben dem Sprechen auch auf Italienisch zu denken (und zu träumen!!!) und deswegen ist die Sprache, denke ich, fester in meinem Gehirn verankert. Und das Sprachenchaos lichtet sich langsam aber sicher; ich kann wieder besser sprechen und schreiben und merke, wie sehr mir Italienisch mit den anderen beiden Sprachen hilft - ich verstehe mehr, weil sich viele davor unbekannte Vokabeln mit dem Italienischen Wort ähneln, das ich verstehe. Und die Grammatik ist ebenfalls so viel leichter geworden, weil ich die Strukturen jetzt besser verstehe und sie dann auch anwenden kann.

Ende November bin ich dann gemeinsam mit den Austauschschülern ein Wochenende nach Venedig gereist und das war echt eine wunderschöne Erfahrung! Venedig ist wirklich eine Stadt wie keine andere - kein Autolärm, nur Boote und egal, wo man hinschaut, ist die Stadt wunderschön. Wir sind auch mit dem Schnellboot am letzten Morgen nach Burano gefahren; das ist die "berühmte Insel" mit den bunten Häusern. Am letzten Tag waren wir zufällig gerade an Rialto (die wohl bekannteste Brücke Venedigs) und haben dann von dort aus den Sonnenuntergang bestaunt - einfach nur wow!
Außerdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Möwen in Venedig besonders zutraulich sind - sie haben einem Mädchen aus Ecuador während dem Essen das Sandwich aus der Hand geklaut.
Und zu aller letzt: Auf der Suche nach einem Restaurant sind wir  an einem Haufen Maskenläden (mit den sehr charakteristischen Masken des venezianischen Karnevals) und an Taschenläden vorbeigekommen, aber an keinem Restaurant; deswegen bin ich davon überzeugt, dass es in Venedig mehr Taschen-und Maskenläden gibt, als Restaurants.

der Canal Grande


Basilica San Marco
die Basilica innen

Burano! Es hat sich echt gelohnt, da morgens hinzugehen, weil es war sehr wenig los!

Sonnenuntergang vom Rialto

und weil es so schön war - noch ein zweites Bild!



Zurück aus Venedig hieß es dann auch schon wieder Kofferpacken - denn ich habe meine Gastfamilie gewechselt. Als ich meine Gastfamilie bekommen habe, wurde mir gesagt, dass diese für das ganze Jahr sei, aber am ersten Abend in Rom hat sich dann herausgestellt, dass es nur eine Welcome Family für die ersten drei Monate ist. Deswegen habe ich dann eben nach drei Monaten gewechselt; aus heutiger Sicht hätte ich schon früher wechseln sollen, weil Dinge nicht funktioniert haben und ich mich aus diversen Gründen einfach nicht wie ein Teil der Familie gefühlt habe und nicht glücklich war. Aber ich habe trotzdem von dieser Zeit profitiert; bin sehr viel selbstständiger geworden und mir ist vor allem klar geworden, wie ich sein oder auch nicht sein will. Und jetzt habe ich eine für mich perfekte Gastfamilie!
Ich wohne immer noch in Palermo, gehe immer noch auf die gleiche Schule und meine eine Gastschwester geht in die gleiche Stufe wie ich und ist ebenfalls 16. Die andere geht schon auf die Universität und geht Ende Januar (also jetzt bald) für ein Halbjahr nach Spanien, um dort das Erasmus zu machen. Meine Gasteltern sind ebenfalls superlieb und ich verstehe mich mit allen super! Auch die Verwandten und Freunde habe ich schon kennengelernt und ich fühle mich echt superwohl. Und sie sind schon jetzt zur zweiten Familie geworden und ich bin unglaublich dankbar, den Rest des Auslandsjahrs bei ihnen verbringen zu dürfen. Der Wechsel hört sich vermutlich schlimmer an als er ist, aber ich denke, dass es einer der besten Dinge war, die mir hier passieren können!


Nach einer Woche bei meiner Gastfamilie hieß es dann  am 9. Dezember schon wieder packen - dieses Mal aber nur den Rucksack mit allem was man für 2 Nächte und einen Tag so benötigt. Wir haben nämlich den Nachtzug von Palermo nach Neapel genommen.
Aber halt; Palermo liegt doch auf einer Insel; wie kommen die denn mit dem Zug aufs Festland? Gibt's da eine Brücke oder vielleicht sogar einen Tunnel unter dem Meer?
Nein, gibt es nicht. Aber in Messina, einer Hafenstadt auf Sizilien, die ganz nah am Festland liegt, gibt es eine Fähre. Um kurz vor Mitternacht in Messina angekommen wurde dann also der Zug in die einzelnen Waggons zerlegt, auf die Fähre geladen und dann haben wir das Meer überquert. Auf dem Festland angekommen wurde der Zug wieder zusammengefügt und dann ging die Fahrt nach Napoli weiter. In Sizilien und im Süden von Italien gibt es keine Schnellzüge, das heißt, wir sind insgesamt 10 Stunden im Nachtzug gewesen, haben davon 3-4 Stunden geschlafen, und das nicht wirklich gut, denn es hat ziemlich geruckelt und war teilweise sehr laut...

Um 7 Uhr morgens sind wir dann in Napoli angekommen, haben caffè getrunken und zum Frühstück eine Sfogliatella gegessen; das ist eine napoletanische Spezialität. Mit der Metro sind wir dann ins Zentrum gefahren und haben dieses etwas erkundet; waren am der berühmten "Piazza del Plebiscito" und haben einen Spaziergang an der Strandpromenade gemacht. Zum Mittagessen war die Pizza Margherita ein Muss, denn sie wurde in Napoli erfunden! Ich muss aber sagen, dass meiner Meinung nach geschmacklich kein zu großer Unterschied zu der aus Palermo war; sie war natürlich nicht schlechter, aber auch nicht um Welten besser. Im Anschluss sind wir zu einer weiteren touristischen Attraktion gelaufen; nämlich der Via San Gregorio Armeno. In dieser Straße bzw. Gasse befindet sich der Sitz der meisten Kunsthandwerker in Neapel, und diese stellen kleine Figure für das presepe (Krippenspiel) her. Den größten Teil der Figuren haben wir aber nicht wirklich gesehen, weil ein riesiges Chaos herrschte... Die Straße war so vollgestopft, dass wir kaum laufen konnten... Und dann hat es auch noch angefangen zu regnen, also hatte man auch noch Regenschirme um sich herum, von denen man dauernd getroffen wurde und von denen man jede Menge Regentropfen abbekommen hat. Also alles in allem war es eine weniger schöne Erfahrung, wenigstens habe ich das mal gesehen. Nach der Besichtigung einer Kirche sind wir zum Vomero gelaufen; das ist der Teil der Stadt, der auf einem Hügel liegt. Da auf der Straße ziemlich viel los war, hat sich unsere AreaRep, die mit uns unterwegs war, Haarreife mit Geweihen und Glöckchen gekauft und somit hat sie uns dann immer gesehen und auch gehört und konnte uns nicht mehr verlieren.
Wir haben dann die "furnicolare" genommen; also die Bahn, die auf den Berg führt. Da es dort nochmal kälter war, haben wir zuallererst eine heiße Schokolade getrunken und sind dann etwas in der Stadt gebummelt. Da einige von uns aufs Klo mussten, sind wir dann in ein Luxuseinkaufszentrum und den anderen Besuchern hat sich das folgende Bild geboten: 15 Leute mit Rentiergeweihen, die alle in einer Reihe die Rolltreppen bis zum 5. Stock hochfahren, viel Lachen und Glöckchengeräusche machen...!
Wieder draußen haben wir dann noch spontan zu Straßenmusik getanzt, um uns aufzuwärmen, und ich habe gemerkt, dass es in dem Moment völlig egal war, was vielleicht andere Leute über uns denken, denn wir waren einfach glücklich und hatten Spaß.
Im selben Stadtteil haben wir dann auch noch zum Abend gegessen und sind dann mit der furnicolare wieder heruntergefahren und haben dann noch einen kleinen Spaziergang gemacht.
Außerdem habe ich eine weitere Napoletanische Spezialität ausprobiert; nämlich babà. Es ist etwas schwer zu erklären, was das genau ist, aber falls es euch interessiert, googelt es einfach.
Unser Zug ist um Mitternacht vom Bahnhof abgefahren, aber schon um 21 Uhr war auf den Straßen kaum etwas los und wir wussten nicht mehr so genau, was wir noch machen sollten. Deswegen sind wir nochmal an der Strandpromenade entlanggelaufen, haben dann die Metro genommen und dann noch eine gute Stunde am Bahnhof gewartet, bis dann endlich der Zug kam.

Und nach 3 Stunden Schlaf in der Nacht zuvor, 17 Stunden auf den Beinen-Sein, 31.000 Schritten oder 21km, jeder Menge neuer Eindrücke und Essen im Magen sind wir dann doch alle froh um unser Bett gewesen und konnten trotz des Lärmes gute 9 Stunden durchschlafen.
Piazza del Plebiscito

die originale Napoletanische Pizza!
ein weiteres typisch Napoletanisches Gericht - Sfogliatella
Babà
das Meer an der Strandpromenade


das Restaurant, in dem die Pizza erfunden wurde
von diesen Figuren gibt es in der Gasse unglaublich viele!
es werden nicht nur biblische Figuren, sondern auch moderne hergestellt


In der Schulwoche vor unserer Reise nach Neapel war auch die settimana dello studente (Woche des Schülers), in der wir so gut wie keinen Unterricht gemacht haben und es andere Aktivitäten gab; etwas wie die Projekttage in Deutschland. Ich muss aber zugeben, dass ich auch da die organisatorischen Unterschiede deutlich gemerkt habe; in Deutschland gibt es dort eindeutig weniger Durcheinander als hier, aber es war letztendlich trotzdem eine schöne Woche!

Hier ist gerade auch der Halbjahresstress zu Ende gegangen, da hier das erste quadrimestre (wortwörtlich Vierteljahr aber damit ist das Schulhalbjahr gemeint) nun geendet ist und wir hatten bis vor zwei Wochen jede Menge Arbeiten bzw. Tests geschrieben und wurden über sehr vieles mündlich abgefragt. Jetzt fällt den Lehrern ein, dass sie ja noch von einem Großteil der Klasse Noten benötigen und die werden dann noch schnell schnell durch 10 Minuten-Abfragen gemacht...

Ach ja, außerdem haben wir in Italienisch endlich die Divina Commedia, also die Göttliche Komödie von Dante Alighieri angefangen! Die ist in Italienisch des 14. Jahrhunderts geschrieben, aber wir haben immer noch eine Umschreibung in richtiges Italienisch. Trotzdem verstehe ich manches auch in der alten Sprache und das ist ein tolles Gefühl!

Bis zum nächsten Mal,

Theresa

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