Schule & Italienisch

Hallo ihr Lieben,

es tut mir Leid, dass ihr so lange auf diesen Eintrag warten musstet, aber ich bin in den letzten beiden Wochen einfach nicht dazu gekommen; etwas zu schreiben.
Im heutigen Eintrag wird es hauptsächlich um die Schule in Italien gehen und wie meine ersten Schulwochen so verlaufen sind.
In Italien gibt es mehrere Arten von Gymnasien, also liceos. Die drei üblichsten sind:
  • liceo classico (dort lernt man Altgriechisch und Latein)
  • liceo scientifico (mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt) 
  • liceo linguistico (dort lernt man drei Fremdsprachen)
und dann gibt es noch andere, zum Beispiel mit künstlerischem, musischen oder wirtschaftlichem Schwerpunkt.
Das liceo entspricht einem Deutschen Gymnasium ab der 8. Klasse und es wird wieder von vorne angefangen, die Klassen zu zählen. Ich gehe in die terza, also dritte Klasse (wie die 10. in Deutschland).
Hier lerne ich also Englisch, Italienisch, Französisch und Spanisch und sonst sind fast alle Fächer die gleichen wie in Deutschland. Biologie und Chemie werden hier unter "scienze" zusammengefasst und jeweils nur ein Halbjahr unterrichtet und Physik wird mit Mathe zusammengefasst.
In Deutschland sind wir den Italienern mit dem meisten Stoff ca. 1-2 Jahre voraus. Beispielsweise werden hier Chemie, Physik und Filosofie erst ab der terza (10. Klasse) unterrichtet. In Mathe machen wir gerade Potenzgesezte und Wurzeln, das habe ich auch schon vor zwei Jahren gelernt. Aber es ist auf jeden Fall eine gute Wiederholung und ich verstehe schon, was der Lehrer an der Tafel macht und muss nur noch die Sprache lernen.

Jetzt aber zu meinem ersten Schultag am Donnerstag, den 14. September 2017:
Ich wurde von meiner Gastmutter und Gastschwester begleitet, weil ihre Schule einen Tag später angefangen hat und habe dann meine Tutorin getroffen, die uns die Schule gezeigt hat. Dann wurden wir Austauschschüler (wir sind 5) von der Direktorin empfangen und danach hat mich eine Klassenkameradin abgeholt und ist mit mir in die Klasse gegangen. Der erste Tag in der Klasse war schon etwas merkwürdig, aber ich denke, das ist bei vielen Austauschschülern so. Meine Nebensitzerin spricht aber super Englisch und hat mir dann immer das übersetzt, was ich nicht verstanden habe, wofür ich ihr immer noch sehr dankbar bin.
Am Donnerstag und Freitag hatten wir nur 3 Stunden Unterricht, weil es noch immer 25-30°C hatte und in der ersten beiden Woche hatten wir einen orario provvisorio, also einen vorläufigen Stundenplan; jeden Tag von 8 bis 12.15 Uhr Schule mit einer 15-minütigen Pause um 11 Uhr.
Eigentlich sollten wir seit dieser Woche den orario definitivo (definitiven Stundenplan) haben, aber da ein paar Lehrer noch nicht an der Schule sind bzw. noch im Urlaub sind (ja, ihr habt richtig gelesen, im Urlaub!), wird sich der Stundenplan nochmal ändern. Wann die Lehrer kommen und wann er geändert wird, ist auch noch nicht bekannt. Uns fehlt allerdings nur der Geschichte-Lehrer.
Die Unterrichtszeiten sind aber schon die richtigen. Ich habe jeden Tag 6 Stunden Unterricht, von 8-14 Uhr mit einer 15-minütigen Pause um 11 Uhr. Um diese Zeit der Pause aufzuholen, sind die letzten drei Stunden jeweils 55 statt 60 Minuten lang. Im Vergleich zur Schule in Deutschland ist das sehr wenig Pause, aber eigentlich haben wir doch mehr, denn die Lehrer beenden den Unterricht oft 5 Minuten früher und kommen später. Und es klingelt merkwürdigerweise schon um 13.55 Uhr statt um 14 Uhr...?

Die Schul- bzw. Klassenzimmerausstattung ist generell viel spärlicher als in Deutschland. Im Klassenzimmer gibt es Zweierbänke und Stühle, ein Lehrerpult, einen Laptop und eine kleine Stelltafel. Obwohl es in Palermo viel wärmer ist als in Deutschland, gibt es keine Air Condition. Außerdem dürfen wir nur lange Hosen und geschlossene Schuhe in der Schule anziehen und es ist heiß. Sehr heiß... Auch wenn ich mich in Deutschland auch über die Hitze und schlechte Luft im Klassenzimmer beschwert habe: Das ist nichts im Vergleich zu Palermo, aber hier beschwert sich keiner und mein Hirn ist schon so mit der Sprache beschäftigt, dass ich das meistens gar nicht so merke.
Auf den Toiletten gibt es weder Toilettenpapier, noch Handtücher oder Seife und deswegen gehen hier alle mit Tempopackungen und Handdesinfizierer auf die Toilette.
Sport wird hier auf dem Schulhof gemacht, also auf Pflastersteinen, aber es gibt ein Volleyballnetz und eine Tischtennisplatte. Da es auch keine Umkleiden gibt, kommen alle schon in Sportklamotten in die Schule.
Die Schüler bekommen die Schulbücher auch nicht von der Schule ausgeliehen, sondern müssen sie sich selber kaufen. Günstig sind die Bücher auch nicht und deswegen kostet alles zusammen pro Schuljahr so zwischen 200 und 300 Euro... Die meisten Bücher sind aber zum Reinschreiben konzepiert, sodass es keinen Sinn ergeben würde, sie den Schülern auszuleihen.

Auch der Unterricht verläuft ganz anders als in Deutschland. Der Lehrer kommt in die Klasse (meistens 5-10 Minuten, manchmal auch 20-30 Minuten zu spät), geht die Anwesenheit durch und liest Nachrichten von der Direktorin vor, wenn es neue gibt. Danach fängt der richtige Unterricht an: Entweder liest der die ganze Stunde aus dem Schulbuch vor, sagt zu manchen Dingen noch was, oder es gibt interrogazioni, mündliche Abfragen. Dann müssen ein oder mehrere Schüler nach vorne kommen und werden abgefragt oder müssen in den Sprachen Sätze an der Tafel übersetzen oder Verben aufsagen. Währenddessen macht der Rest der Klasse nichts bzw. beschäftigt sich irgendwie anders und nur wenige hören bei der Abfrage zu. Als Hausaufgabe gibt es dann entweder die Buchseiten, die der Lehrer vorgelesen hat, zum Auswendiglernen (das sind meistens zwischen 5 und 20 Seiten pro Fach) und das wird dann in der nächsten Stunde abgefragt, oder es werden wie z.B. in Mathe Seiten mit unbekannten Themen zum Lernen aufgegeben und in der nächsten Stunde, wenn es Fragen gibt, nochmal erklärt.

Generell wird meiner Meinung nach alles in der Theorie unterrichtet; in Kunst und Philosophie behandeln wir nur die Geschichte und machen nichts Praktisches wie in Deutschland. In den Naturwissenschaften machen wir auch keine Versuche oder Experimente, es ist einfach aus-dem-Buch-Lernen. Auch in den Sprachen ist das meistens der Fall.
Beispiel Französisch: Die Lehrerin lässt sich einen Dialog/Text im Buch vorlesen und macht danach Grammatik. Grammatik besteht darin, dass sie die Grammatikregeln, die im Buch stehen, vorliest und wir danach Aufgaben dazu bearbeiten müssen. Der meiner Meinung nach wichtigste Teil, um Sprachen zu lernen – die Sprache sprechen – fehlt komplett, denn die Unterrichtssprache (auch die der Lehrerin) ist Italienisch.

Wie ihr wahrscheinlich schon herauslesen konntet, kann ich bisher keinen wirklichen Gefallen am Schulsystem finden und ich lerne das Deutsche zu schätzen – obgleich das natürlich auch nicht perfekt ist aber für mich bisher doch angenehmer und viel effizienter! Trotzdem gehe ich gerne in die Schule, weil meine Klassenkameraden echt super sind!

Und weil ich schon oft gefragt wurde, wie es mit dem Italienisch so läuft: Also mittlerweile verstehe ich, wenn im normalen Tempo und deutlich geredet wird, fast alles; wenn sie sie schneller bzw. unter sich reden, zwischen 75 und 90 Prozent und wenn im Dialekt geredet wird, kaum etwas :D Klar gibt es Wörter, die ich nicht kenne, aber ich kann den Sinn verstehen.

Letzten Dienstag habe ich vor einem Teil der Schule eine Präsentation über meine Heimat und die Schule in Deutschland gehalten und ich habe das ohne Karteikarten komplett auf Italienisch gemacht! Danach habe ich viel Lob für mein Italienisch bekommen und ich bin auch etwas stolz auf mich, dass ich das hinbekommen habe. Ich dachte nie, dass das nach einem Monat schon so gut klappt.

Natürlich gibt es aber auch mehr als genug Situationen, in denen ich Wörter komplett falsch ausspreche/betone oder verwechsle. Ein Beispiel: Ich habe mit meinem Gastbruder telefoniert, habe ihn aber kaum gehört weil es so laut war und ich habe dann zu ihm gesagt „non ti ascolto“ (das bedeutet „ich höre dir nicht zu“) statt „non ti sento“ („ich höre dich nicht“). Er war erstmal ziemlich sauer aber jetzt lachen wir drüber! Mir war es am Anfang immer etwas peinlich, wenn ich etwas falsch gesagt habe und dann korrigiert wurde, aber ich denke das gehört irgendwie dazu zum Sprachen lernen und zumindest haben wir immer etwas zum Lachen!

Ich habe mir jetzt vorgenommen, alle zwei Wochen einen Blogeintrag zu verfassen. Ich hoffe, ich schaffe das!
Übrigens gehe ich morgen mit anderen Austauschschüler auf den Etna, den höchsten aktiven Vulkan in Europa!

A dopo,
Theresa

Ein Teil des Klassenzimmers; das Lehrerpult mit dem kleinen Projektor, den unser Kunsgeschichtelehrer immer dabei hat.

P.S.: Ich bin am Wochenende mit meiner Gastfamilie nach Agrigento, das liegt im Süden von Sizilien, gefahren und ein kleines Video dazu gemacht. Wer will, kann sich das gerne anschauen.






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